Gesund mit oder trotz Zucker – ein Faktencheck Teil lV: Zuckerangaben richtig verstehen

von Katharina Meyer

In diesem Teil schauen wir uns die Tricks der Industrie in den Ernährungsangaben an.

Ernährungsangaben richtig verstehen

Auf den Verpackungen stehen mittlerweile sehr viele Informationen – zu viele, um sie beim hektischen Einkaufstrubel zu berücksichtigen. Als Verbraucher sind wir oft nicht sicher, wie sie im Sinne einer gesundheitsbewussten Ernährung zu bewerten sind.

Der Gesetzgeber muss die Vorgaben für die nährwertbezogenen Angaben auf der Verpackung zwar eindeutig definieren. Aufgrund der bunten Mischung aus objektiven Informationen wie Nährwerttabellen, Zutatenlisten einserseits und den Marketingtexten andererseits, besteht oft Interpretationsspielraum. Verbraucher kommen so oft zu falschen Rückschlüssen. Zum Beispiel die Info „ohne Zuckerzusatz“: Dieser Zusatz bedeutet eben nicht, dass ein Produkt damit bereits zuckerärmer oder sogar zuckerfrei ist. Es heißt nur, dass kein weiterer, zugesetzter Zucker oder andere süßenden Zutaten enthalten sind. Dass dieser mögliche Spielraum zur Interpretation in den Formulierungen auf den Produkten von den Herstellern bewusst ausgenutzt wird, sei an dieser Stelle nur in den Raum gestellt…

Die Nährwerttabelle

Die Nährwerttabelle ist seit Ende 2016 verpflichtend und bezieht sich immer auf 100 Gramm bzw. 100 Milliliter der Produktmenge. Sie zeigt auf der Produktverpackung auf einen Blick, wie viel Zucker ein Lebensmittel insgesamt enthält. Da Zucker zu den Kohlenhydraten gehört, wird er hier gesondert aufgeführt: „Kohlenhydrate, davon Zucker“. Der Begriff „Zucker“ umfasst den gesamten enthaltenen Zucker, also alle Monosaccharide (Einfachzucker wie Glukose oder Fruktose) und Disaccharide (Zweifachzucker wie Saccharose oder Laktose). Auch dazu gehören der natürliche und zugesetzte Zucker von Lebensmittelzutaten. Es spielt dabei allerdings keine Rolle, ob zum Beispiel Saccharose (Haushaltszucker) oder zuckerhaltige Lebensmittel wie Honig, Trockenfrüchte oder Dicksäfte eingesetzt werden. 

Die Zutatenliste

Auch die Kennzeichnung der Zutaten in der Zutatenliste eines Produktes ist inzwischen gesetzlich geregelt. Sowohl die Zuckerbezeichnungen als auch die mengenabhängige Reihenfolge wird vorgeschrieben. Zutaten mit den größten Mengenanteilen stehen immer vorne. Die Zucker-Angabe zeigt außerdem, dass dem Lebensmittel Saccharose, also Haushaltszucker, zugesetzt wurde. Andere Zuckerarten wie Glukose (Traubenzucker), Glukose-Fruktose-Sirup oder Laktose (Milchzucker) müssen in dieser Liste gesondert ausgewiesen werden. 

Nährwertbezogene Angaben

Diese Angaben geben Aufschluss über spezielle Eigenschaften eines Lebensmittels. Sie beziehen sich immer auf einen spezifischen Nährstoff und lassen leider keinen Rückschluss auf die Gesamtzusammensetzung eines Produktes zu. Die nährwertbezogenen Angaben sind auch nicht vorgeschrieben. Werden sie allerdings verwendet, gelten für den Hersteller die Vorgaben der sogenannten EU-Health-Claims-Verordnung Nr. 1924/2006. 

Zuckerangaben richtig verstehen 1

Zuckerfrei
Die Information bezieht sich auf den Gesamtzuckergehalt in der Nährwerttabelle des Lebensmittels und differenziert nicht zwischen natürlichem und zugesetztem Zucker. Diese Bezeichnung darf nur erfolgen, wenn ein Lebensmittel nicht mehr als 0,5 Gramm Zucker pro 100 Gramm bzw. 100 Milliliter enthält. 
Ohne Zuckerzusatz
Die Angabe bedeutet, dass ein Produkt keine zugesetzten Mono-, Disaccharide oder andere süßenden Zutaten enthält. Damit also auch keinen Honig, Agavendicksaft oder süßende Alternativen. Achtung: Sie bedeutet nicht, dass ein Produkt zuckerfrei ist.
Weniger Zucker/ zuckerreduziert
Die Info „zuckerreduziert“ bestätigt, dass der Gehalt an Mono- und Disacchariden gegenüber vergleichbaren Produkten um mindestens 30 Prozent reduziert ist. Diese nährwertbezogene Angabe sagt allerdings nichts über den Kaloriengehalt des Produktes aus. Hierüber gibt nur die Nährwerttabelle Aufschluss. Denn Zucker hat eine Reihe wichtiger lebensmittelchemischer und funktioneller Eigenschaften wie Haltbarkeit, Formbarkeit, Festigkeit oder Entfeuchtung, die für Herstellung von Lebensmitteln und Geschmacksgebung wichtig sind. In festen Lebensmitteln muss er daher meistens durch andere kalorienhaltige Zutaten ersetzt werden. Der Einsatz von weniger Zucker führt in festen Lebensmitteln somit nicht zwangsläufig zu einer geringeren Kalorienaufnahme. Nur bei Getränken stimmt diese Ableitung: Weniger Zucker hat dort auch einen geringeren Kaloriengehalt zur Folge.
Zuckerarm
Diese Angabe bezieht sich auf den Gesamtzuckergehalt der Mono- und Disaccharidformen. Sie ist nur erlaubt, wenn das Produkt nicht mehr als 5 Gramm Zucker pro 100 Gramm oder 2,5 Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthält.

Quelle: https://www.zuckerverbaende.de/schmeckt-richtig/zuckermythen-faq/#faqNaehrwerttabelle

Leseempfehlung: Einen simplen aber hilfreichen Überblick zur Zuckerkennzeichnung in Lebensmitteln findet ihr auch auf der Webseite der deutschen Zuckerverbände „Zuckermythen und Häufige Fragen. Direkt aus der Hand der „Zuckerlobby“ und daher in einigen Aussagen eher kritisch zu geniessen, gibt es hier ganz interessante, leicht verständliche Zusammenfassungen in Download-Form zum wissenschaftlichen Stand von Zucker als Risikofaktor.

Zuckerbomben meiden

Lebensmittelmenge von 100 gZuckeranteil
Energy Drinks und Cola (100 ml):ca. 10 Gramm
Ketchup & Barbecue Saucen (100 ml):ca. 25 Gramm
dm Bio Hafer Crunchy (100g):ca. 17 Gramm
Ritter Sport Schokolade Vollmilch (100g):ca. 47 Gramm 

Die Bundesregierung hat bereits Ende Dezember 2018 die „Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten“ festgelegt, um Lebensmittel ernährungsphysiologisch ausgewogener zusammenzusetzen. Die Lebensmittelindustrie hat sich darin verpflichtet, den entsprechenden Gehalt in den Produkten zu reduzieren, um den Kaloriengehalt der Produkte zu senken. Qualität, Sicherheit und Geschmack der Lebensmittel sollen aber natürlich erhalten bleiben… Alles auf Basis eines langsamem Entwöhnungseffekts: Zucker, Fette und Salz werden nur schrittweise reduziert, damit sich der Verbraucher an den veränderten Geschmack gewöhnen kann.

Empfehlungen für weiterführende Literatur zum Thema

Weniger ist mehr – Zucker, Fette und Salz reduzieren – Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft – BMEL (2020)

www.lebensmittelklarheit.de – Das Internetportal hat zum Ziel, Verbraucher für die Tricks und Werbemaschen von Lebensmittelfirmen zu sensibilisieren und zu einer verbraucherfreundlichen Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln beizutragen. Das Portal liefert Informationen rund um das Thema Kennzeichnung, beantwortet Fragen und bietet Anlaufstelle für Beschwerden. Die Umsetzung erfolgt durch den Verbraucherzentrale-Bundesverband und die Verbraucherzentrale Hessen und wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.

Sugar: The bitter truth – Robert H. Lustig, MD, UCSF Professor of Pediatrics in the Division of Endocrinology, 2009, https://www.youtube.com/watch?v=dBnniua6-oM

The Big Fat Surprise – Nina Teicholz, Journalistin/Autorin, 2014, https://www.youtube.com/watch?v=1CHGiid6N9Q

FAQ Resistente Stärke  – Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FETeV) für Professionalität in der Ernährungsberatung, Oktober 2018 

Literaturverzeichnis

1 – Zuckermythen und Häufige Fragen – Die Nährwerttabelle und Zutatenliste, entnommen am 05.02.22

www.a erzteblatt.de/archiv/217599/Fructosekonsum-freieZucker-und-ihr-Einfluss-auf-die-Gesundheit

2 – FETeV – Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (2021): Ernährung bei chronischen Entzündungen, entnommen am 10.01.2022

3 – Blumenschein B. (2010): Antientzündliches Essen – Rheumaernährung konkret und praktisch. E&M – Ernährung und Medizin. 25:193-196.,

Fangmann D et al. Chronisch-entzündliche Erkrankungen – Ansatzpunkte für die Ernährungstherapie. Ernährungs Umschau. 2019; Sonderheft 4:12-21.

Katharina Meyer

Hallo Ernährungsfan, hier schreibt Katharina, leidenschaftliche Ernährungsberaterin und systemischer Coach mit der Mission, die Welt noch ein wenig gesünder zu machen. Falls Dir die Blog-Kostproben noch nicht ausreichen, melden!
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